Freitag, 17. Juni 2011

Spiel den Mörder - Lucius

Bald kommt ein neues Spiel auf den Markt: Lucius.
Ein kleiner Junge, der Sohn Satans, muss alle Personen in seinem Haushalt umbringen - und das ohne, dass der Verdacht auf ihn fällt. Ziel des Spiels ist es also, die Tode der Personen so zu inszenieren, als seien es bloß Unfälle.

Auch wenn ich zugeben muss, dass die Idee wirklich faszinierend klingt, muss ich mich doch fragen: Ist das noch legal?
Viel wurde über die Wirkung von Shootern und sonstigen Spielen, die Gewalt fördern sollen, diskutiert. Und es ist bis heute nichts bewiesen: weder, dass es einen konkreten Zusammenhang zwischen solchen Spielen und Gewalt bei Jugendlichen gibt, noch, dass es keinen gibt.

Doch ein Spiel mit dem Ziel, sich Gedanken darüber zu machen, wie man Menschen am besten umbringt und ihren Tod als Unfall aussehen lässt, sprengt in meinen Augen den Rahmen des Erträglichen.

So wie ich das sehe, ist die Problematik mit Spielen, die Gewalt darstellen die, das sich, vor allem Jungs, in den Hauptcharakteren ein Vorbild suchen und es auch finden. Denn z. B. Soldaten, die für die Freiheit eines Landes kämpfen, haben durchaus nennenswerte Eigenschaften: sie sind loyal, mutig und kämpfen für Gerechtigkeit und Frieden.
Dennoch kann man schwer vorhersehen, welchen Einfluss so ein Spiel auf ein Kind, einen Jugendlichen oder gar einen Erwachsenen haben wird. Denn wie man mit der gezeigten Gewalt umgeht und vor allem, in wieweit man sich von der digitalen Realität beeinflussen lässt, ist den meisten Spielern selbst gar nicht bewusst.
Es ist so schwierig eine Grenze zwischen der Realität im Spiel und der Realität, in der man wirklich existiert, zu ziehen. Die Übergänge sind fließend, Geschehnisse tauchen sowohl hier, als auch dort auf, Persönlichkeiten im Spiel ähneln Personen aus dem wahren Leben.

Um allerdings gewalttätig zu werden, müssen erst die richtigen Gegebenheiten vorhanden sein: Waffen, Kameraden, die richtige Umgebung - das alles ist im wahren Leben so, wie es im Spiel dargestellt wird, wohl kaum zu finden. Und so wird eine Trennung wieder sehr gut möglich: Gewisse Dinge gibt es eben nur im Spiel - und nicht in der Realität.

Mit Lucius wird allerdings eine bestimmte Grenze überschritten. Es geht um ein Kind in einem Zuhause, was jeder von uns auf die eine oder andere Weise nachvollziehen kann. Es geht um Personen im näheren Umfeld, was ebenfalls alles andere als eine Seltenheit für Spieler ist. Und es geht darum, eben keinerlei Waffen zu benutzen, sondern Dinge, die wir im Alltag - auch in unserem Alltag - finden. Der Spieler wird gezwungen, wie ein Mörder zu denken: kann man das selbst Erwachsenen überhaupt zutrauen?
In die Rolle einer von Grund auf böswilligen Person zu schlüpfen und Morde zu begehen, die in keinster Weise mit irgendetwas Positivem in Verbindung stehen?
Hier werden keine Monster getötet, die die Welt bedrohen. Und auch keine Menschen, die sonst mich, den Spieler, erschießen würden. Es handelt sich auch nicht um Lara Croft, die versucht, wichtige Funde nicht in die falschen Hände geraten zu lassen. Ich wehre mich nicht und ich stehe auch für nichts ein. Ich töte bloß. Kann das wirklich eine Grundlage für ein Spiel sein?

Ist das wirklich noch legal?

Edit: Hier ein Auszug aus einem Artikel auf faz.net, den ich in folgendem Artikel erwähne:
Millionen hören sich seine Lieder und die der anderen Rapper an, und sicher sind die meisten keine gewalttätigen Jugendlichen, finden die Musik einfach "gut", "lustig" oder wollen schlicht und einfach provozieren. Aber Jungs wie Pablo bekommen mit diesen Texten eine Rechtfertigung für Gejammer und Gewalt. Die Jugendrichterin Kirsten Heisig schrieb in ihrem Buch "Das Ende der Gewalt" über Rap-Videos: "Die Botschaft ist eigentlich immer ähnlich. Muskelbepackte Männer mit protzigen Ketten um den Hals behaupten in bedrohlichen Posen, das harte Leben im Getto verinnerlicht zu haben . . . Wer stundenlang gewalttätige Rap-Videos sieht, sich Killerspielen aussetzt, um dann bekokst mit seiner Gruppe loszuziehen, wird jedenfalls schwerlich einen friedlichen Abend verbringen."
 Natürlich kann man das nicht verallgemeinern, aber es gibt eben Jugendliche, die sich stark beeinflussen lassen und ich finde, die sollte man versuchen zu schützen. Vielleicht nicht durch völlige Verbote von spielen, aber irgendwie muss es doch möglich sein.

7 Kommentare:

  1. Menschen (auch Jungs) sind doch nicht nur leere Hüllen, die mit Eindrücken aufgefüllt werden, und dann als "Produkt X" rauskommen. Ich kann mir kein Spiel der Welt vorstellen, das meinen Charakter so umpolt, dass ich ein Mörder werde. Wenn jemand schon so labil ist, wie soll er dann wegstecken, dass ihn mal die Freundin wegläuft oder der Job abhanden kommt? Also bitte...

    Und was um Himmels Willen soll an dem Game illegal sein? Freie Rede, keine Zensur und so... schon mal gehört? Das es keine Jugendfreigabe erhält: mag OK sein. Aber ILLEGAL? Weils um Mord mit Hitchcock-Touch geht? Ihre "Frage" impliziert eine komische Auffassung von Recht und Gesellschaft.

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  2. Das Wort "legal" meinte ich mehr im Sinne von "duldbar" und weniger im sinne von "rechtens".
    Ich denke nicht, dass Menschen nur eine leere Hülle sind, aber vor allem Kinder werden in der Pädagogik oft als "tabula rasa" bezeichnet, ein leeres Blatt, das es zu beschriften gilt. Und es gibt durchaus Menschen, die es nicht wegstecken können, wenn sie ihre Freundin verlässt oder den Job abhanden kommt. Oder wie klärst Du Dir sonst die vielen Stalker und Menschen, die ihren ehemaligen Firmen unschöne Sachen antun? Die müssen nicht zwangsläufig schon immer "krank" gewesen sein. Und "freie Rede" und "keine Zensur"... Wenn Dich meine Meinung dazu interessiert, lies Dir bitte den Artikel über die Ambivalenz der Politik durch. Fraglich ist, wie viel Meinung und Zensur ok ist und wann das zu weit geht.
    Ich danke Dir für Dein Kommentar, aber mir geht es hier tatsächlich um die Menschen, die vielleicht zu Beginn des Spielens gar nicht wissen, wie labil sie wirklich sind!

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  3. > aber mir geht es hier tatsächlich um die Menschen, die vielleicht zu Beginn des Spielens gar nicht wissen, wie labil sie wirklich sind!

    Okay, dass ist ja löblich. Aber warum sollten sich nicht-labile wegen labiler Personen einschränken müssen, wenn nichtmal ein indirekter Kontakt oder gar eine direkte Verantwortung besteht? Wenn man so anfängt landet man dann schnell bei Selbstaufgabe ob des Leids in der Welt.

    Denn wie ich schon sagte: ein Trigger, das jemand austickt, kann alles mögliche sein. Man kann Menschen aber schlecht vor ihrem eigenen Leben beschützen. Und ich finde es immer bedenklich wenn damit dann auch noch andere in ihrer persönlichen Freiheit gegängelt werden, die mit den Problemen gar nichts zu tun haben.

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  4. Es stimmt, was Du sagst, dass die einen wegen der Schwächen der anderen nicht eingeschränkt werden sollten. Aber genau die Frage versuche ich zu stellen: Sollte man einfach jeden sich selbst überlassen? Oder sollte man vielleicht nach Wegen suchen, wie man es "allen recht machen kann"? Ich blogge noch nicht lange und habe vielleicht noch nicht ganz den Dreh raus, meine Meinung so darzustellen, wie ich sie wirklich darstellen will und ich bin auch kein "Spieler", daher kann ich nicht wirklich aus der Sicht berichten. Ich danke Dir für Deinen Kommentar, ich nehme das als Anstoß, mir auch andere Sichtweisen näher angucken.
    Ps: Es wäre super, wenn Du Dich demnächst vielleicht nicht als "Anonym" meldest, sondern wenigstens einen Namen hinlässt, damit ich Dich ansprechen kann. Ich habe hier leider einen Kommentarraum, bei dem ich das nicht selbst einstellen kann.

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  5. Ich muss meinem Vorredner zustimmen, der Begriff "legal" ist hier fehl am Platz. Das Spiel ist ja schließlich nicht geklaut und es werden auch keine Urheberrechte verletzt^^.

    Ich möchte hiermit auch anmerken, dass du dich vielleicht ein bisschen hättest kundig machen können. Aber Ok, wie du ja selbst sagst du bist keine Spielerin, daher weißt du vielleicht auch gar nicht, dass es schon ähnliche und teilweise noch brutalere Spiele wie "Lucius" gibt. Zum Beispiel die "Hitman" Reihe, in der du als Auftragsmörder deinen Auftrag mit allen möglichen Mitteln und auf jede nur denkbare Weise erfüllen kannst.

    Oder noch ein Beispiel, dass Spiel "Postal". In dem ich, als ich es gespielt habe, keinen tieferen Sinn gesehen habe als vermeindliche Terroristen zu töten. Sei es mir einer Schaufel, einer Schere oder man übergießt sie einfach mit Benzin und zündet sie an. Und das Spiel ist sogar verfilmt worden. (Ok ich muss auch eingestehen, dass das Spiel in Deutschland indiziert ist)

    Für mich stellt sich "Lucius" eher als Spiel dar, das ähnlich wie das Spiel "Heavy Rain" quasi als Thriller, als Horrorfilm erlebt und durchlebt soll. Nur nicht in der Rolle des Guten der am Ende alle rettet, sondern in der Rolle des Bösen. "Lucius" sieht für mich eher aus wie eine Umsetzung des Films "Das Omen". Und wenn das Spiel zu hart wird, wofür gibt es die FSK-Einstufungen.

    Ich möchte auch deine Frage (Sollte man einfach jeden sich selbst überlassen?)beantworten. Nein sollte man nicht. Aber gerade das ist das Problem, das unsere Gesellschaft hat. Es wird sich einfach nicht genug um labile Personen gekümmert und durch diese fehlende Aufmerksamkeit bekommen die Mitmenschen nicht mit wenn jemand kurz vor dem Ausrasten steht. Das muss nicht zwangsläufig mit Computerspielen und der Gewaltdarstellung in diesen zusammenhängen.

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  6. Guten Abend!

    Ich denke nicht, dass man dieses Spiel braucht, wenn man darauf aus ist Leute umzubringen.
    as bekommt der labile Mensch ohne Rückhalt und mit angestauten Agressionen, der in seinem Leben viele bittere Erfahrungen machen musste und dem das Wertesystem der Gesellschaft angesichts der Lage in seinem Umfeld nichts mehr bedeutet auch ganz alleine hin. Mehr als etwas Adrenalin und/oder Alkohol und etwas Fantasie sollte dafür schon reichen. Und außerdem passierts ja auch leicht mal ausversehen - da handelt man ganz impulsiv und ZACK... Kein Weg zurück, Flucht nach vorne...!?

    Vielleicht dient dieses Spiel eher dem Abreagieren? Vielleicht reizt es gerade dadurch, seine Kreativität mal auf verbotene Weise auszuleben, so wie man es in echt niemals machen könnte/würde/wollte? Das sind Dinge die ein Spiel gefahrlos bieten kann und die uns die Realität GLÜCKLICHERWEISE vorenthält!

    Solange labile Menschen durch dieses Spiel gesättigt werden können und es nicht in echt versuchen müssen rettet es vielleicht sogar Leben?

    Nun sagt nicht ich sei verrückt - dass das Spiel ein Leben rettet ist in meinen Augen genau so wahrscheinlich wie der Fall dass es jemanden zum Mörder macht - das sind hypothetische Fälle, nur Faktoren im Ganzen, nur ein Tropfen in einem Glas. Es kann in eine der beiden Richtungen führen, es ist aber niemals der alleinige Grund.

    By the Way:

    Ich spielte mal ein Spiel in dem es auch darum ging Leute geschickt umzubringen, war ein Quest in der Mördergilde in Oblivion. Das ist mir ne bleibende Erfahrung geworden, weil ich in einem Spiel selten so einen Nervenkitzel hatte. Nicht, weil ich unschuldige Leute umbringen sollte, sondern weil am Ende herauskam: Ich wurde nur benutzt und habe die falschen Leute umgebracht, nämlich all die, die eigentlich zu mir gehörten. Der Augenblick in dem einen so etwas klar wird und in dem man zurückblickt auf Taten, die nun alle umsonst sind und sogar das Gegenteil bewirkt haben - Der Augenblick ist stark. Das ist etwas, dass man real hoffentlich nicht erlebt und trotzdem eine Erfahrung über die man sich freut, denn sie regt zum Nachdenken an. Sie bringt weiter, sie erweitert den Horizont. Sie macht einem klar, dass man gefangen in der eigenen Perspektive ist und nicht alles glauben darf, was einem zugetragen wird. Ich war damals in einem Alter, in dem ich diese Lektion brauchen konnte. Sie hat mich ein Stück weit zu einem kritischeren Menschen gemacht, der noch mehr in Frage stellt und lieber zwei mal nachprüft, ob das was er tut auch das richtige ist.

    Das ist die einzige Erfahrung, die ich mit "vertuschten Morden" in einem PC Spiel bsiher gemacht hab. Sie war sehr gut.

    Grüße nach Köln - Es ist schön einfach mal anonym zu sein! (bin übrigens ein Anderer Anonymer als der anonyme Vorredner)

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  7. Vielen Dank für den sehr ausführlichen Kommentar! Deine Sichtweise finde ich sehr interessant und auch gut begründet. Solche Spiele könnten tatsächlich auch zum "Abreagieren" verwendet werden. Ich habe beschlossen, mir das Spiel zu kaufen und mal auszuprobieren, wie es ist und wie es sich anfühlt und dann noch einmal darüber zu berichten. Schließlich bin auch ich offen dafür, meine Meinung zu ändern.

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