Montag, 20. Juni 2011

Dozenten: Vom Aussterben bedroht!

Naja, zumindest die guten. In meinem Studiengang verlässt uns schon wieder einer.

Vor etwas weniger als zwei Jahren begann ich mein Studium. Als Zweitfach hatte ich Japanologie gewählt - die Idee kam mir nach meinem Auslandsaufenthalt in Japan. Und schon am ersten Tag erfuhr ich, dass es eine "Neue" gibt. Die neue dritte Sprachlehrerin. Die Nachricht machte ihre Runden und kam bald als "Die hat es echt nicht drauf, der alte Lehrer war viel besser" wieder bei mir an. Ich dachte, ich sollte mich nicht gleich am ersten Tag schon auf Vorurteile stürzen: ich würde abwarten. Abwarten, wie ich die "Neue" finden würde.

Und schon im erster Sprachkurs machte sich die allgemeine Unruhe bezüglich der Neuen bemerkbar: Wo ist Herr *** denn hin? Wollen Sie uns das wie Herr *** erklären? Herr *** hat da aber was ganz Anderes gesagt!

Die arme Neue schien leicht überfordert. Trotz Magister und zig Dolmetschererfahrungen war sie auf so etwas wohl nicht vorbereitet, wollte sie doch einfach nur den Unterricht nach Lehrplan machen.
Leider gestaltete sich der recht trocken, selbst in meinen Augen: wir lasen etwas, übersetzten etwas... es folgte langes Schweigen, der ein oder andere verträumte Blick, ein Nicken oder Kopfschütteln... und irgendwann eine Antwort, ja, so könne man es übersetzen. Ab und an kam danach doch ein nein, denn eigentlich... Und dann doch ein ja, denn eigentlich...
Jedenfalls war es nicht ganz einfach zu begreifen, was denn nun Sache sei: war die Übersetzung nun richtig oder nicht? Wir mussten ja für eine Prüfung lernen.
Eine Prüfung, bei der sehr sehr viele im ersten Semester durchfielen. Ich möchte nichts heraufbeschwören, aber wäre es möglich, dass es, zumindest zum Teil, auch an der Lehrerin lag?

Jedenfalls waren ihre Unterrichtsmethoden mehr als trocken und ließen mich vor Langeweile einiges vergessen, was ich in Japan gelernt hatte. Traurig, ich weiß, wo es doch so lange gedauert hat, alles zu lernen. Ich bin heute recht enttäuscht darüber, dass die Uni es nicht unbedingt geschafft hat, meinen Kenntnisstand zu verbessern, sondern höchsten "instand zu halten".

Ein Jahr darauf verließ uns eine der anderen Lehrerinnen, eine wirklich nette Frau mittleren Alters, bei der der Unterricht wirklich Spaß gemacht hatte. Nicht nur hat man viel gelernt, sie scheute sich auch nicht, den ein oder anderen Witz einfließen zu lassen oder Insiderinformationen weiter zu geben und zeigte so sehr gut, dass es auch anders ging. Unterricht musste nicht trocken und träge sein. Er konnte Spaß machen.

Die neue "Neue" war anfangs ebenfalls etwas schreckhaft, doch gewöhnte sich schnell ein. Allerdings gab es auch bei ihr einige Neuerungen, die so ganz anders waren, als das Gewohnte. Etwas weniger Späßchen, etwas weniger Malerei an der Tafel. Auch die Insider kamen zu kurz und vor allem die recht eintönige Wortwahl brachte zu Zeiten kleine Kommunikationsschwierigkeiten. Nun, wenigstens haben wir gelernt.

Dann gab es da noch den einen Dozenten. Einige Seminare hatte ich bei ihm - und auch hier kann ich nur sagen: lernen kann so viel Spaß machen! Um nicht nur stupide Wissen in sich rein zu prügeln, sondern die wertvolle Kenntnis über eine Kultur zu erlangen, muss man die Kultur fühlen. Man muss in ihr leben. Und mit diesem Dozenten musste man dafür nicht zwangsläufig ins Ausland: er lebte geradezu die japanische Kultur, oder zumindest einen Teil von ihr, sodass man sich der anderen Welt gleich ein Stückchen näher fühlte.
Auch er musste gehen. Schade. Wirklich schade.

Wenn ich daran zurückdenke, waren auch an meiner Schule gute, wirklich gute Lehrer rar. Hier und da kam mal einer, zeigte einem eine Welt jenseits der öden schwarz-weiß-Kopien, aber auch die mussten meist wieder gehen. Und schon befand man sich wieder im Trott des langweiligen Schulalltags, mit langweiligen Lehrern, die langweilige Dinge vorlasen, die sie selbst totlangweilig fanden. Motivation bliebt viel zu oft aus. Begeisterung verspürte man nur bei sehr wenigen. Liebe zum Beruf? Auch das ist relativ. Man kann seinen Beruf lieben und ihn trotzdem unzulänglich ausüben.

Letztendlich hat sich für mich mit dem Übergang ins Unileben nicht viel geändert. Zwar studiere ich Dinge, die mir Spaß machen, zu Zweiten vergeht mir der aber gewaltig, wenn ich erlebe, wie wahre Fachgröße ohne weiteres gegen Inkompetenz ausgetauscht wird. Fehlt es an Geld? Wahrscheinlich. Trotz Studiengebühren. Man versprach uns viel - mir gab man viel zu wenig.

Ich weiß, dass es anderen Studierenden anders geht. Entweder die haben Glück - oder ich habe Pech. Doch beides ist nicht annähernd befriedigend. Ich möchte gute Bildung genießen, von guten Dozenten und Professoren unterrichtet werden und vor allem lernen, mein Fachgebiet zu lieben. So, wie es im Moment läuft, habe ich oft das Gefühl, ich sehe in den tristen Gesichtern meiner "Vorbilder" meine Zukunft: einen monotonen Alltag, graue Wolken, Nieselregen und den ein oder anderen Bierbauch. Will ich das? Nein.

Aber was tun? Wenn die Uni es nicht tut, tu ich es eben selber!

Und so kompensiere ich die oftmals verlorene Zeit im Seminarraum mit viel Selbststudium zum guten Zweck: nämlich dem, mir all die Dinge anzueignen, die mich irgendwann zu einem mit seinem Beruf zufriedenen, hoffentlich unersetzbaren und vor allem lebensfrohen Menschen machen.

Und ja, gewissermaßen gehört bloggen auch dazu :)

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